Körper und Geist
 
       
 
Stille in Bewegung
 
       
    Wer sich einer Bewegungsdisziplin widmet, geht einen langen, spannenden und vielfach gewundenen Weg – aussen wie innen. Was die Tai-Chi- und Qigong-Lehrerin Linda Myoki Lehrhaupt über ihre eigenen Erfahrungen und die ihrer SchülerInnen erzählt, ist eine Fundgrube nicht nur für Praktizierende fernöstlicher Bewegungskünste: Einblicke in innere Prozesse geben Praktizierenden und LehrerInnen (Gymnastik, Tanz, Meditation...) viele Anregungen für die Arbeit mit und in einer Gruppe.  
       
    Dutzende von Tai-Chi-Büchern strapazieren zwei meiner Büchertablare; Neuerscheinungen blättere ich daher nur kurz durch und überliess sie in den letzten Jahren anderen.

«Stille in Bewegung». Der Waschzettel lässt mich aufhorchen: Linda Myoki Lehrhaupt ist nicht nur Tai-Chi- und Qigong-Lehrerin, sondern auch Zen-Priesterin. Ich kann es kaum erwarten, in Ruhe das Buch zu lesen.
 
       
    Innere Prozesse  
    Die Autorin nähert sich ihren Themen – Tai-Chi (chinesisches Schattenboxen) und Qigong (taoistische Energieübungen) – wie eine Psychologin: Wie kommt jemand zum Tai-Chi? Welche Prozesse durchläuft sie/er während der Übungsstunden in der Gruppe, und wie fühlt sich das Üben zu Hause an? Wie schafft es jemand, über Jahre hinweg dabeizubleiben und weiter zu machen?
 
       
    Offenheit  
    Offenheit und Weichheit zeichnen das chinesische Schattenboxen (Tai-Chi) aus; diese Eigenschaften durchdringen langsam die SpielerInnen (in China wird Tai-Chi gespielt): Sie werden wach für innere und äussere Vorgänge. Es gibt nur wenige AutorInnen, deren Offenheit sich auch in ihren Werken so stark widerspiegelt, wie dies bei «Stille in Bewegung» der Fall ist. Ob es damit zusammenhängt, dass die Autorin in Amerika aufwuchs? Europäische und fernöstliche AutorInnen geben sich viel zurückhaltender, wenn es um persönliche Geschichte und innere Vorgänge geht.
 
       
    Psychologischer Fundus  
    «Stille in Bewegung» entpuppt sich als Fundgrube für alle, die wenig Gelegenheit haben, ihre Erfahrungen mit anderen SchülerInnen und LehrerInnen auszutauschen. Die psychologischen Fingerzeige sind nicht minder wertvoll für Übende anderer Disziplinen: Wege und Formen mögen verschieden oder Akzente anders gewichtet sein – die inneren Prozesse gleichen sich oft wie ein Ei dem anderen.
Erfahrungen auf einem Weg wie Tai-Chi können in alle achtsamen Tätigkeiten einfliessen: Aikido, Tanz, ein Musikinstrument spielen, kochen, abwaschen, bügeln. «Nicht durch die Tätigkeit selbst wird etwas zur Meditation, sondern durch die innere Haltung, mit der wir sie durchführen.»
 
           
   
Jürg Lendenmann
 
       
    Linda Myoki Lehrhaupt: Stille in Bewegung.
208 Seiten, gebunden, Best.-Nr. 4211448.
VGS-Bestellservice: E-Mail: maggiulli@vgs.ch,
Tel. 01 456 30 10 oder via www.vgs.ch
 
       
 
Erschienen im VGS-Gesundheitsmagazin Dezember 2001
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